Schreiben im Café kann sehr inspirierend sein.
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Schreiben im Café

Schreiben im Café ist für viele Schriftsteller gar keine so außergewöhnliche Situation. Auch wenn vielleicht nicht der nächste Roman oder ein wohldurchdachter Essay dort entstehen, so ist das Café doch ein Ort der Inspiration. Es ist ein Ort der Privatheit im Öffentlichen. Ich kann anonym bleiben, quasi unsichtbar – vielleicht nur scheinbar – dabei aber andere Menschen in ihrer ebenso gefühlten Privatheit beobachten. Das Café eignet sich besser dafür als ein Restaurant, weil nicht der Verzehr im Vordergrund steht. Ich kann mich stundenlang an einer Tassee Kaffee festhalten, ohne dass es weiter auffällt. Auch das Befüllen eines Notizbuches oder das Tippen auf einem Laptop sind in einem Café kaum größere Aufmerksamkeit wert. Dafür kann ich beobachten, Stimmungen aufnehmen, Situationen erfassen oder einfach die Gedanken greiben lassen. Es fällt auch nicht weiter auf, allein im Café zu sitzen, womit ich in einem Restaurant oder gar einer Kneipe durchaus Aufmerksamkeit auf mich ziehen würde.

Cafés sind Orte für Notate, Mitschriften, Gedankensplitter – oder auch das ein oder andere Gedicht. Tagebücher wie mein „Daheim und Unterwegs“ lassen sich hervorragend befüllen mit Eindrücken, Zeichnungen, eingeklebten Schnipseln und einem kleinen Situations-Haiku. Beim späteren Durchblättern sorgen sie für genussvolle Momente des Erinnerns an gelebte zwei Stunden voller Intesität, mit wachem Geist oder voller Entspannung, weil nichts entstehen muss, aber alles werden kann.

Ab kommenden Sonntag biete ich regelmäßig ein Schreibcafé im Kulturzentrum ONE WORLD im Alten Gasthaus in Reinstorf an. Das ist natürlich nicht der anonyme Raum eines mehr oder weniger zufälligen Cafébesuchs. Dennoch: Keiner der Teilnehmer dieses offenen Schreibtreffs weiß, wem er begegnet. Die Atmosphäre des historischen Hauses ist inspirierend. Und die zwei Stunden Zeit zum Schreiben, zum Ausprobieren, zum fantasievollen Fabulieren sind ein wunderbarer Schritt aus dem Alltag heraus in eine kreative Auszeit.


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Experiment Gruppenroman

Es ist etwa drei Jahre her, dass Marta auf die Welt kam, drei Jahre, dass sie mein Leben begleitet und das von Annette, Friedhelm, Ines und Mandy. Wir haben Marta gehegt und gepflegt, waren uns manchmal nicht ganz einig, wie es mit ihr weitergehen soll, haben uns aber immer wieder zusammengerauft für unser Baby. Und nun ist  Marta kurz davor, flügge zu werden, reif für die Welt.

Marta ist natürlich nicht drei Jahre alt, sondern ist in diesem Jahr 53 geworden, am 2. Mai. – Also wäre sie, wenn sie nicht fiktiv wäre und ihre Existenz allein unserer Phantasie verdankte und unserem Romanexperiment.

Begonnen hat es mit einem Namen auf einer Tafel: Marta. Dann ein Geburtstag, ein Nachname, eine Familie, der Beruf und natürlich, fein säuberlich auf einer Timeline festgehalten: ihre Begegnungen. Marta ist in ihrem Leben vielen Menschen begegnet. Die erzählen ihre Geschichte. So die anfängliche Theorie, die sich mittlerweile zur Realität mit einer erklecklichen Anzahl Seiten gemausert hat.  Meine Anfangshypothese, das es möglich ist, mit Schreiblaien einen ganzen Roman hinzukriegen kann als bestätigt gelten: Der Roman ist so gut wie fertig. Quod erat demonstrandum.

Erst lesen, dann schreiben 🙂

Wie verbindet man aber so unterschiedliche und dazu noch unerfahrene Autoren zu einem Ganzen? Das Geheimnis ist die Form. Der Roman war von Anfang an als Episodenroman geplant. Das Vorbild: Eva Menasse mit ihrem Roman „Quasikristalle“ (Kiepenheuer und Witsch), in dem die Protagonistin Xane zwar der rote Faden durch das Buch, aber eigentlich immer nur Teil der Geschichte eines ganz anderen Menschen ist. Dadurch ändert sich permanent die Perspektive auf sie, das Bild, das dabei gezeichnet wird, zeigt nur einzelne Facetten, aber dennoch begleiten wir Xane so durch Stationen ihres Lebens.

Ebenso sind wir auch mit Marta verfahren. Es gab am Anfang eine grobe Vorstellung davon, wie ihr Leben als Protagonistin durch unser Buch verlaufen könnte. An diese Biografie haben die einzelnen Autoren ihre Episoden angedockt. Dort entwickeln sich Geschichten von Menschen, denen Marta auf die ein oder andere Weise begegnet und die so einzelne Schlaglichter auf Martas Leben werfen.

Es hat ungeheuer viel Spaß gemacht, die Geschichten zu entwickeln. Es war manchmal ungeheuer mühsam, wenn wir um Worte gerungen haben. Und es war beglückend, wenn eine Episode stand und alle wussten: So muss es!

Das große Ganze im Blick

Ich bewundere zudem die Kritikfähigkeit meiner Mitstreiter, schätze ihr Vertrauen in mich als Lektorin und Schreibcoach und bin dankbar für ihre Bereitschaft, meinen Kommentaren und Einwänden zuzuhören und meine Vorschläge anzunehmen. Überhaupt: im Laufe der Zeit hat sich ein ziemlich kompetentes Team herausgebildet, in dem alle gelernt haben, genau hinzuhören, die Textteile miteinander abzugleichen und sowohl das große Ganze als auch die Dramaturgie des einzelnen Kapitels im Auge zu haben.

Wir sind noch nicht ganz am Ende. Lektorat und Schlussredaktion fehlen noch. Ein Cover von Grafikdesignerin Jasna Wittmann ist gerade im Entstehen. Und dann kommt natürlich die Frage: Wo im großen Selfpublishing-Universum fühlen wir uns wohl für einen Start in die Welt des gedruckten Buches? Das muss noch entschieden werden. Aber eins ist klar: Wir wünschen Marta, unserem Romanexperiment, nur das Beste auf ihrem Weg und drücken die Daumen für viele Leser, die sich unterhalten fühlen, eintauchen in Martas Welt und am Ende seufzen, weil es schade ist, dass das Buch schon zu Ende ist.